Die Drehmomentmessung an einer stationären Welle aus Metall ist im Normalfall recht einfach. Sofern die Elastizitätsgrenze der Welle nicht überschritten wird, ist die Verdrehung der Welle proportional zum Drehmoment. Man misst den Grad der Verdrehung, schlägt den Young’schen Modul für das Wellenmaterial nach, setzt die Werte in eine mathematische Formel aus dem Ingenieurhandbuch ein und – schwupps – hat man eine ordentliche Drehmomentmessung.
Die Drehmomentmessung an einer kontinuierlich drehenden Welle ist da schon schwieriger. Es gibt dafür verschiedene Methoden, jedoch ist die gängigste, das Drehmoment von der Leistung die zum Drehen der Welle erforderlich ist, abzuleiten. Dazu muss üblicherweise der Versorgungsstrom des Motors, der die Welle antreibt, gemessen werden. Das ist zwar eine einfache und elegante, aber auch eine ungenaue Lösung. Der Stromverbrach hängt nämlich auch von anderen Faktoren, wie Drehzahl, Spannungsversorgung, Lagerzustand, Temperatur, etc. ab.
Drehmomentmessung mit Dehnungsmessstreifen
Eine genauere Methode stellt das Messen der Wellenverdrehung mithilfe von Dehnungsmessstreifen oder akustischen Oberflächenwellengeräten (AOW) dar. Die Messung ist zwar genau, jedoch wird entweder ein Schleifring oder eine Drahtlosmethode zur Signalübertragung zwischen den Dehnungsmessstreifen auf der Welle und der Umgebung benötigt – und das macht die Sache kompliziert. Jeder Ingenieur, der je Dehnungsmesstreifen verwendet hat, kann Ihnen sagen, dass zwischen Theorie und Praxis ein Riesenunterschied besteht. Dehnungsmessstreifen haben meist sehr hohe Temperaturkoeffizienten und die üble Angewohnheit, sich bei harten Bedingungen zu lösen. Drehmomentmessung mit Dehnungsmesstreifen oder AOW-Geräten im Labor ist oft schön und gut, aber in vielen industriellen Anwendungen keine realistische Option.
Drehmomentmessung mit Winkelgebern
Es gibt eine andere Möglichkeit. Sie ist zwar nicht neu, scheint aber in Vergessenheit geraten zu sein. Sie wurde bereits in den 1950er Jahren zur Drehmomentmessung in Motoren eingesetzt, besonders in den Turboprop-Triebwerken von Hercules / C.130 Frachtflugzeugen. Mit dieser Technik wird die Verdrehung und damit das Drehmoment einer Welle durch Messung der Phasenverschiebung zwischen zwei auf der Welle montierten und ausgerichteten Multispeed-Resolvern gemessen. („Multispeed“ (dt. mehrere Drehzahlen) bezieht sich hier auf die Resolverausgabe:- ein 2-fach-Resolver hat eine absolute zyklische Ausgabe alle 180 Grad; ein 36-fach-Resolver hat eine absolute zyklische Ausgabe alle 10 Grad, etc.)
Während sich die Welle dreht, generiert jeder Resolver zwei Signale, wovon eins ein Sinus- und das andere ein Kosinus-Signal ist. Zum leichteren Verständnis, zeigt Abb. 2 unten lediglich das demodulierte Sinus-Signal.