Dieser Artikel ist eine Betrachtung der Technik zur Drehmomentmessung mithilfe von Winkelgebern, die bereits in den 1950er Jahren eingesetzt wurde. Obwohl sie viele Vorteile bietet, kam diese Technik über die Jahre aus der Mode, feiert aber nun ihr Comeback dank neuerEntwicklungen im Bereich der induktiven Winkelgeber.

Die Drehmomentmessung an einer stationären Welle aus Metall ist im Normalfall recht einfach. Sofern die Elastizitätsgrenze der Welle nicht überschritten wird, ist die Verdrehung der Welle proportional zum Drehmoment. Man misst den Grad der Verdrehung, schlägt den Young’schen Modul für das Wellenmaterial nach, setzt die Werte in eine mathematische Formel aus dem Ingenieurhandbuch ein und – schwupps – hat man eine ordentliche Drehmomentmessung.

Die Drehmomentmessung an einer kontinuierlich drehenden Welle ist da schon schwieriger. Es gibt dafür verschiedene Methoden, jedoch ist die gängigste, das Drehmoment von der Leistung die zum Drehen der Welle erforderlich ist, abzuleiten. Dazu muss üblicherweise der Versorgungsstrom des Motors, der die Welle antreibt, gemessen werden. Das ist zwar eine einfache und elegante, aber auch eine ungenaue Lösung. Der Stromverbrach hängt nämlich auch von anderen Faktoren, wie Drehzahl, Spannungsversorgung, Lagerzustand, Temperatur, etc. ab.

Drehmomentmessung mit Dehnungsmessstreifen

Eine genauere Methode stellt das Messen der Wellenverdrehung mithilfe von Dehnungsmessstreifen oder akustischen Oberflächenwellengeräten (AOW) dar. Die Messung ist zwar genau, jedoch wird entweder ein Schleifring oder eine Drahtlosmethode zur Signalübertragung zwischen den Dehnungsmessstreifen auf der Welle und der Umgebung benötigt – und das macht die Sache kompliziert. Jeder Ingenieur, der je Dehnungsmesstreifen verwendet hat, kann Ihnen sagen, dass zwischen Theorie und Praxis ein Riesenunterschied besteht. Dehnungsmessstreifen haben meist sehr hohe Temperaturkoeffizienten und die üble Angewohnheit, sich bei harten Bedingungen zu lösen. Drehmomentmessung mit Dehnungsmesstreifen oder AOW-Geräten im Labor ist oft schön und gut, aber in vielen industriellen Anwendungen keine realistische Option.

Drehmomentmessung mit Winkelgebern

Es gibt eine andere Möglichkeit. Sie ist zwar nicht neu, scheint aber in Vergessenheit geraten zu sein. Sie wurde bereits in den 1950er Jahren zur Drehmomentmessung in Motoren eingesetzt, besonders in den Turboprop-Triebwerken von Hercules / C.130 Frachtflugzeugen. Mit dieser Technik wird die Verdrehung und damit das Drehmoment einer Welle durch Messung der Phasenverschiebung zwischen zwei auf der Welle montierten und ausgerichteten Multispeed-Resolvern gemessen. („Multispeed“ (dt. mehrere Drehzahlen) bezieht sich hier auf die Resolverausgabe:- ein 2-fach-Resolver hat eine absolute zyklische Ausgabe alle 180 Grad; ein 36-fach-Resolver hat eine absolute zyklische Ausgabe alle 10 Grad, etc.)

Während sich die Welle dreht, generiert jeder Resolver zwei Signale, wovon eins ein Sinus- und das andere ein Kosinus-Signal ist. Zum leichteren Verständnis, zeigt Abb. 2 unten lediglich das demodulierte Sinus-Signal.

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Abb. 1 – Drehmomentmessung mit Multispeed-Resolvern

Wenn kein Drehmoment anliegt, weisen die Signale der beiden Resolver Null Phasenverschiebung auf. Liegt ein Drehmoment an, verschiebt sich die Phase des einen Ausgangssignals relativ zu der des anderen Signals. Entsprechend ist die Phasenverschiebung direkt proportional zum anliegenden Drehmoment. Bei einem Multispeed-Resolver mit einer hohen Zykluszahl (z.B. 128), ist nur eine geringe Verdrehung notwendig, um eine deutliche Phasenverschiebung zu generieren. Mit anderen Worten, dies ist eine hochsensible Technik und zum Messen von Verdrehungen von <1 oder sogar <0,1 Grad geeignet. Das bedeutet auch, dass die Welle nicht unbedingt lang sein muss. Eine Länge von <25 mm reicht für diese Methode völlig aus. Dies wird durch eine bewusst gewählte flexible Welle oder durch konzentrische Anordnung der Resolver (ineinander) und durch Verbindung der inneren und äußeren Wellenteile über eine (sehr) steife Drehfeder erreicht.

Anders als Dehnungsmesstreifen, sind Resolver bekannt für ihre Robustheit, Langlebigkeit und Präzision. Deshalb werden sie meist für Hochleistungsanwendungen in Luft-und Raumfahrt, Militäranwendungen sowie Öl- und Gasanlagen eingesetzt. Da es sich um kontaktlose Komponenten handelt, werden keine Schleifringe oder Übertragungsgeräte für Funkfrequenzsignale benötigt.

Anders als Dehnungsmesstreifen, sind Resolver bekannt für ihre Robustheit, Langlebigkeit und Präzision. Deshalb werden sie meist für Hochleistungsanwendungen in Luft-und Raumfahrt, Militäranwendungen sowie Öl- und Gasanlagen eingesetzt. Da es sich um kontaktlose Komponenten handelt, werden keine Schleifringe oder Übertragungsgeräte für Funkfrequenzsignale benötigt.

Die nächste Generation induktiver Sensoren

Heutzutage werden Resolver zunehmend durch ihre moderneren Nachfolger – den induktiven Encodern oder Incodern – ersetzt. Incoder arbeiten mit den gleichen induktiven Prinzipien wie Resolver, verwenden dazu aber Leiterplatten anstelle von unhandlichen und teuren Transformatorkonstruktionen mit Drahtspulen. Dies ist entscheidend, um einerseits Größe, Gewicht und Kosten der Incoder zu reduzieren und andererseits die Messleistung zu verbessern. Incoder bieten auch die simple und einfach zu bedienende Schnittstelle für Gleichstromeingang und seriellen Datenausgang. Incoder basieren auf den gleichen physikalischen Funktionsprinzipien wie Resolver und bieten damit die gleichen Betriebsvorteile: hohe Genauigkeit und zuverlässige Messungen in schwierigen Umgebungen. Darüber hinaus haben sie die perfekte Form für Winkelmessung, nämlich flach mit einem großen Loch in der Mitte. So kann eine Welle durch die Mitte des Incoderstators durchgeführt werden und der Rotor wird direkt auf der rotierenden Welle montiert. So werden hier – genau wie bei den Resolvern – ebenfalls keine Schleifringe benötigt.

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Abb. 2 – Messung von Drehmoment und Absolutwinkel mit induktiven Encodern

Es muss keine zusätzliche Elektronik gekauft und verbaut werden, da die Incoderelektronik bereits im Stator integriert ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass Incoder mit bis zu 4 Millionen Werteerfassungen pro Umdrehung erhältlich sind, so dass bereits eine minimale Verdrehung ausreicht, um eine hochaufgelöste Drehmomentmessung zu ermöglichen.

Der Temperaturkoeffizient von Incodern ist im Vergleich zu dem, was mit den hochwertigsten Dehnungsmessstreifenanordnungen erreicht werden kann, sehr gering und etwaige dynamische Verwindung durch Wellen mit hohen Winkeldrehzahlen können durch Einstellung des gleichen Taktsignals zum Auslösen der Messungen in beiden Encodern eliminiert werden.

Anders als das Verfahren mit Dehnungsmessstreifen, besteht keine Gefahr der Komponentenbeschädigung durch übermäßiges oder stoßinduziertes Drehmoment, außerdem bietet diese Technik zwei Messungen – Winkel und Drehmoment – zu einem geringeren Preis als die Drehmomentmessung mit einem Dehnungsmessstreifen.

Es handelt sich um eine alte Technik, die in Vergessenheit geraten ist, da Resolver aus der Mode kamen. Durch die modernen Induktiv-Encoder wird die Induktionsphysik zur Winkelmessung wieder attraktiv und damit wird diese nützliche, robuste und effiziente Technik zur Drehmoment- und Winkelmessung wieder vermehrt eingesetzt.

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Abb. 3 – Induktive Encoder zur Drehmomentmessung auf einer 300 mm langen Welle– Stator links und Rotor rechts